Huhu, ihr lieben Türchenöffner. Heute ist der vierte Dezember und deshalb wartet hier nun das vierte Kapitel von “Ein Macho als Muse” auf euch.
Viel Spaß beim Lesen.
Eure Lara
Kapitel 4
Noah lächelte äußerlich, aber innerlich fiel es ihm erstaunlich schwer immer neue Geschosse auf Caleigh abzufeuern.
Das kenne ich gar nicht von mir, dachte er voller Verwirrung und versuchte, sich über den nächsten Sieg über Caleigh zu freuen. Der innerliche Freudentanz wurde zu einem lustlosen Diskofox und schließlich brach er das Tanzen ganz ab.
Komm schon, Junge, blaffte er sich selbst an und zwang sich zu einem selbstgefälligen Grinsen in Caleighs Richtung. Es war für ihn sehr wichtig, seine Aufgaben zielgerichtet zu erledigen und gerade der Auftakt des Jobs war für den ganzen Ausgang des Auftrages formend. Vorsichtig schaute er Caleigh von der Seite an und erkannte, dass sie neben ihm vor Wut brodelte, während Vivi, die ziemlich gewöhnungsbedürftige Seminarleiterin, die Ziele der nächsten Tage beschrieb. Er hörte nur mit einem Ohr zu, weil er zu sehr damit beschäftigt war, Caleigh zu analysieren.
Sie schien sich überhaupt nicht darüber zu freuen, was Vivi zu verkünden hatte. Ganz im Gegenteil, jedes Wort, das die esoterische Intensiv-Kreativ-Betreuerin von sich gab, ließ Caleigh düsterer dreinblicken.
Sie hält das ganze Programm für albernen Unsinn. Der gut ausgebildete Psychologe in ihm lachte triumphierend auf. Jackpot!
Augenblicklich stand sein nächster Schritt fest. „Klasse. Das klingt richtig gut, Vivi“, rief er der Seminarleiterin zu, als diese gerade eine künstlerische Pause zwischen zwei Sätzen einlegte und ihre roten Dreadlocks streichelte. Ihm wurde aus unerfindlichen Gründen ein bisschen übel. Noah schüttelte sich – eigentlich hatte er eine dicke Haut, was Verstellung, Fassade und Notlügen anging, aber in diesem Augenblick mit Caleigh an seiner Seite, hätte er gerne sein wahres –
Noah!, fuhr er sich in Gedanken an. Zieh gefälligst deinen Job durch.
Die Seminarleiterin nickte ihm auch schon euphorisch zu, woraufhin Caleigh abfällig schnaubte: „Warum wusste ich, dass dir diese abgefahrenen Ideen gefallen?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
Er fand, dass sie während dieses Trotzanfalls wirklich zuckersüß aussah. Ihre kaffeebraune Haut war von Zornesröte unterlegt und ihre schwarzen Augenbrauen waren aufeinander zu gewandert.
Als sie seinen Blick spürte, sah sie auf und sandte ihm wahre Feuersbrünste der Ablehnung. Doch Noah knipste ihr nur freundlich ein Auge und wandte sich dann wieder Vivi zu, die gerade etwas darüber erzählte, wie modernes Survival-Training die Kreativität fördere: „Instinkte führen uns zu unseren inneren Kraftreserven und zu unserem tierischen Wissen. Die Welt wird besser erfahrbar und damit auch beschreibbar. Das ergibt einen puren Kreativ-Kick.“
„Den Kick holen wir uns ab“, flüsterte Noah seiner Team-Partnerin-wider-Willen zu. „Wir werden auf jeden Fall das beste Duo sein.“
Caleigh verdrehte nur die Augen und überschlug auch noch ihre Beine. Sie hasste dieses Seminar offensichtlich wirklich und das spielte ihm alle Asse in die Karten.
Schließlich standen sie sich gegenüber und sollten sich die Hände reichen.
„Warum sollte ich dich noch mal anfassen?“, murrte Caleigh. „Wir können uns auch so unterhalten.“
„Das ist Teil der Aufgabe.“ Er versuchte ihre Hände zu schnappen, aber sie zog sie weg. Es war ein kleiner Stich, aber er lächelte trotzdem und feixte: „Wir müssen uns doch endlich näherkommen. Ist vorbestimmt.“
„Gott bewahre!“ Caleigh machte einen Schritt zurück und stieß gegen die Fensterbank.
Das war seine Chance, ihre Finger einzufangen. Er schaffte es und hielt endlich ihre schmalen Hände in seinen. Zufrieden lächelte er. „Hab ich dich.“
Caleigh stöhnte genervt auf und legte dabei ihren Kopf einen kurzen Augenblick in den Nacken. Noah verging das Lachen, denn diese Bewegung und der Anblick ihres schlanken, nach hinten gelegten Halses wühlten ihn urplötzlich bis in die tiefsten Eingeweide auf. Fast hätte er ihre Hände wie eine heiße Kartoffel wieder fallen lassen, aber das konnte er im letzten Moment noch verhindern. Er durfte ihr gegenüber niemals Schwäche zeigen – ansonsten hätte er seinen Auftrag so gut wie vergeigt.
Vorsichtig schaute er ihr in die hellbraunen Augen und fluchte innerlich. Mist, sie musterte ihn schon neugierig, als hätte sie den Moment seiner Verwirrung instinktiv wahrgenommen.
Reiß dich endlich zusammen!, dachte er, fragte sich aber unterbewusst weiter, wie Caleigh es schaffte, ihn so aus der Bahn zu werfen.
„Ich weiß ja schon einiges über dich“, streute er beiläufig noch einmal den Umstand ein, dass er ihre Tasche durchsucht hatte, um zu der Form zurückzufinden, die er von anderen Auftragsarbeiten von sich kannte. „Willst du also mit den Fragen beginnen?“
Sie biss verärgert die Zähne aufeinander und überlegte wohl, wie sie ihm die Sache mit der Reisetasche und dem Anspielen auf ihren Vibrator heimzahlen konnte, aber dann trat Vivi an ihre Seite.
„Na? Kommt ihr beiden gut voran? Habt ihr schon eine Idee, warum ihr zu einem Team ernannt worden seid?“
Die schnarrende Stimme der Seminarleiterin brachte Noah zum Schmunzeln, doch Caleigh setzte den Gesichtsausdruck einer Eisprinzessin auf und sagte: „Um meine suizidale Ader hervorzulocken?“
Vivi starrte sie verwirrt an. „Bei allen Chakren … nein … Das ist nicht der Grund.“
Noah kam der offenbar ernsthaft beunruhigten Kreativ-Betreuerin schnell zur Hilfe: „Caleigh meinte das nicht so. Sie muss nur noch ein bisschen warm werden. Kreativität scheint nicht so ihre Stärke zu sei–“
Er konnte seinen Satz nicht zu Ende führen, denn eine Stiefelspitze rammte sich in sein Schienbein.
„Aua!“ Er sah auf Caleighs Füße hinab, die ganz unschuldig nebeneinanderstanden. „Hast du mich getreten?“
„Nein.“
Er schmälerte seine Augen. „Du Biest.“
Vivi wedelte aufgeregt mit den Händen. „Äh! Fangt doch bitte mit euren Fragen an. Und meldet euch, wenn ihr einen Tipp braucht.“ Sie rauschte davon.
„Mit deiner schlechten Stimmung vertreibst du selbst die gutmütige Vivi.“ Noah schaute Caleigh gespielt tadelnd an.
„Das ist wirklich kein Verlust. Sie bringt mich mit ihrem Hokuspokus auf die Palme.“
Noah seufzte. „Du bist echt eine Miesmacherin.“
„Willst du noch einen Tritt abbekommen?“
„Also gibst du es zu?“
Caleigh lächelte lieblich und ihm fiel auf, wie schön ihr Zähne waren. „Nein. Ich gebe gar nichts zu“, sagte sie selig dreinblickend.
„Okay. Wenn du deine Taten nicht gestehst, muss ich wohl härtere Geschütze auffahren.“ Noah zog sie mit einem Ruck an den Händen näher zu sich heran und brachte den sturen Ausdruck in ihren Augen für einen Moment zum Wanken. „Ich fange an. Warum könnten wir ein Team sein?“ Er musterte sie und überlegte, was er in ihrer Tasche gefunden hatte. „Das muss es sein – wir stehen beide auf heiße Dessous!“
Empört klappte Caleigh der Mund auf. „Wenn ich dann nicht ziemlich tief in der Patsche stecken würde, wärst du jetzt einen Kopf kürzer, mein Lieber. Aber glaube mir, du kommst nicht ungeschoren davon.“
Noah schwankte innerlich, aber weil es die Professionalität seinem Auftraggeber gegenüber verlangte, setzte er noch einen drauf: „Besonders dunkelblaue Seide mit beiger Spitze … oh, Mann!“
„Hat dir eigentlich niemand Benehmen beigebracht? Hatten deine Eltern keine Zeit für dich?“
„Der Strenge meiner Eltern habe ich meinen Charakter sicher nicht zu verdanken. Aber vielleicht habe ich ihnen zu verdanken, dass ich hier bin.“ Die Eltern-sind-gemein-Strategie hatte Noah sich eigentlich für einen späteren Zeitpunkt aufheben wollen, aber es passte gerade zu gut.
Caleighs Aggression legte sich auch tatsächlich etwas – sie schien anzubeißen. „Deine Eltern haben dich hergeschickt?“
„Mein Vater. Familienunternehmen …“ Noah zuckte mit den Schultern und schaute etwas zerknittert drein. Das musste er nicht einmal spielen, mit Familienmitgliedern zusammen zu arbeiten, war für ihn wirklich Segen und Fluch zugleich. „Ich war anderer Meinung und seitdem darf ich jedes Seminar im Land besuchen.“
„Oh …“ Sie schien zu überlegen, ob sie etwas dazu erwidern sollte.
Er gab ihr einen Schubs in die richtige Richtung: „Väter …“ Er hoffte inständig, dass er ihr mit dieser Vorlage nutzte und sie nicht zu sehr damit treffen würde.
Als sein Auftraggeber ihm die gesamte Akte ‚Caleigh Winter‘ ausgehändigt hatte, war ihm das Thema ‚Vater wie vom Erdboden verschluckt‘ aus psychologischer Sicht natürlich direkt ins Gesicht gesprungen. Als er dann jedoch erfahren hatte, dass der Suchverlauf ihres Verlagscomputers gehakt worden war, um an diese Informationen heranzukommen, hatte er zum ersten Mal in seiner Laufbahn als Wirtschaftspsychologe und Undercover-Agent schlucken müssen … Aber dann hatte er sich daran erinnert, dass er immer für den guten Zweck arbeitete, und so hatte er den Job angenommen. Denn Caleigh wieder in die Spur zu bringen, war mehr als ein Auftragsziel. Sie war eine brillante Plotterin und Lektorin – er hatte sich von ihrem Talent schnell überzeugen können.
Doch nun stand er Caleigh leibhaftig gegenüber und versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren, als ihren süßen Duft, ihre hübschen Wangenknochen und Lippen, ihre schneidend scharfen Kommentare oder ihre intelligenten Augen …
„Ja, Väter.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Eine schwierige Gattung.“
Komm schon, Caleigh … Erzähl’s mir, dachte er. Er brauchte diese Information offiziell von ihr, um sie schlussendlich damit gepackt zu kriegen.
Aber sie öffnete sich nicht. Stattdessen fragte sie: „Bist du vielleicht auch Einzelkind?“
„Nein. Ein älterer Bruder.“ Das Thema war wiederum für ihn äußerst unangenehm. Er sprach nicht über Tim. „Gehst du gerne ins Kino? Ich bin ein ziemlicher Filmfreak.“
„Weniger. Ich stehe mehr auf Aktivität. Mit Freunden in neue Pubs gehen. Tanzen. Außergewöhnliche Cafés. Oder Vernissagen. Konzerte.“ Sie lachte. „Und besonders Freizeitparks.“
Noah konnte sich vorstellen, dass Caleigh nichts zu hoch, nichts zu schnell und nichts zu wild war. Ein Bild von ihr in Lederstiefeln und ihrem wirklich heißen Seiden-Negligé tauchte vor seinem inneren Auge auf und irritierte ihn. „Ich steh auf Krimis …“, stotterte er und schüttelte die erotische Vision hastig ab. „Serienmörder-Psychologie und sowas.“
Caleighs Augen weiteten sich.
„Keine Sorge. Ich bin kein Verbrecher. Meistens bin ich ganz legal unter Menschen.“
„Irgendwie glaube ich dir nicht. Alkohol in rauen Mengen mitten am Tag. Diebstahl einer Reisetasche. Unverschämtheiten am laufenden Band. Du bist sicher auf Kaution draußen und dieses Seminar ist eine gerichtliche Anordnung.“
Noah grinste. „Du hast noch etwas auf der Liste meiner Vergehen vergessen.“
„Was denn?“
„Versuchte Verführung.“
Caleigh schaute ihn herausfordernd an. „Davon hab ich nichts bemerkt.“
Noah kam ihr näher, wollte wissen, wie dicht sie ihn an sich und ihre schönen Lippen heranlassen würde. Kurz bevor er sie berühren konnte, zuckte sie zurück. „Hey!“
„Schon gut“, murmelte er. „Ich wollte ja auch nicht dich verführen.“
Er zwinkerte ihr zu und deutete dann mit dem Kopf auf Vivi, die ins Streicheln ihrer Haare vertieft war.
Caleigh lachte, was für ihn wie eine wunderschöne Melodie klang.
❤